Kritik des Herzens

Kritik des Herzens ist die erste Gedichtsammlung von Wilhelm Busch, welche 1874 bei Friedrich Bassermann in Heidelberg erschien.

Nachdem Wilhelm Busch seine Bildergeschichten einen großen Erfolg zeigten, wollte er auch beweisen, dass er ernsthafte Seiten zu bieten hat. Somit veröffentlichte er ein Buch mit Gedichten, die er in Anlehnung an Immanuel Kants “Kritik der reinen Vernunft” – “Kritik des Herzens” nannte. Der Versuch ein Gedichte-Buch herauszubringen, was bei den Leuten auf ein Unverständnis stoß, war ein Reinfall. Der erhoffte Erfolg blieb erstmal ein Misserfolg.

Nach dem Tod von Wilhelm Busch, als auf Betreiben seiner Neffen das Gesamtwerk bekannter wurde, erreichten auch seine Gedichtbände ein größeres Publikum.

Es WOHNEN DIE HOHEN GEDANKEN In einem hohen Haus. Ich klopfte, doch immer hieß es: Die Herrschaft fuhr eben aus! Nun klopf ich ganz bescheiden Bei kleineren Leuten an. Ein Stückel Brot, ein Groschen Ernähren auch ihren Mann. DER HAUSKNECHT IN DEM "WEIDENBUSCH" Zu Frankfurt an dem Main, Der war Poet, doch immer kurz, Denn…
Du FRAGTEST MICH FRÜHER NACH MANCHERLEI. Ich sagte dir alles frank und frei. Du fragtest, wann ich zu reisen gedächte, Welch ein Geschäft ich machen möchte. Ich sagte dir offen: dann und dann; Ich gab dir meine Pläne an. Oft hat die Reise mir nicht gepaßt; Dann nanntest du mich n’ Quirlequast. Oft ging’s mit…
SEI EIN BRAVER BIEDERMANN, Fange tüchtig an zu loben! Und du wirst von uns sodann Gerne mit emporgehoben. Wie, du ziehst ein schiefes Maul? Willst nicht, daß dich andre adeln? Na, denn sei mir nur nicht faul Und verlege dich aufs Tadeln. Gelt, das ist ein Hochgenuß, Schwebst du so mit Wohlgefallen Als ein sel’ger…
ES SASSEN EINSTENS BEIEINAND Zwei Knaben, Fritz und Ferdinand. Da sprach der Fritz: Nun gib mal acht, Was ich geträumt vergangne Nacht. Ich stieg in einen schönen Wagen, Der Wagen war mit Gold beschlagen. Zwei Englein spannten sich davor, Die zogen mich zum Himmelstor. Gleich kamst du auch und wolltest mit Und sprangest auf den…
IHR KENNT IHN DOCH SCHON MANCHES JAHR, Wißt, was es für ein Vogel war; Wie er in allen Gartenräumen Herumgeflattert auf den Bäumen; Wie er die hübschen roten Beeren, Die andern Leuten zugehören, Mit seinem Schnabel angepickt Und sich ganz lasterhaft erquickt. Nun hat sich dieser böse Näscher, Gardinenschleicher, Mädchenhäscher, Der manchen Biedermann gequält, Am…
ICH HAB IN EINEM ALTEN BUCH GELESEN Von einem Jüngling, welcher schlimm gewesen. Er streut sein Hab und Gut in alle Winde. Von Lust zu Lüsten und von Sünd zu Sünde, In tollem Drang, in schrankenlosem Streben Spornt er sein Roß hinein ins wilde Leben, Bis ihn ein jäher Sturz vom Felsenrand Dahingestreckt in Sand…
WIRKLICH, ER WAR UNENTBEHRLICH! Überall, wo was geschah Zu dem Wohle der Gemeinde, Er war tätig, er war da. Schützenfest, Kasinobälle, Pferderennen, Preisgericht, Liedertafel, Spritzenprobe, Ohne ihn, da ging es nicht. Ohne ihn war nichts zu machen, Keine Stunde hatt’ er frei. Gestern, als sie ihn begruben, War er richtig auch dabei. ER STELLT SICH…
DIE ERSTE ALTE TANTE SPRACH: Wir müssen nun auch dran denken, Was wir zu ihrem Namenstag Dem guten Sophiechen schenken. Drauf sprach die zweite Tante kühn: Ich schlage vor, wir entscheiden Uns für ein Kleid in Erbsengrün, Das mag Sophiechen nicht leiden. Der dritten Tante war das recht: Ja, sprach sie, mit gelben Ranken! Ich…
ES SPRACH DER FRITZ ZU DEM PAPA: Was sie nur wieder hat? Noch gestern sagte mir Mama: Du fährst mit in die Stadt. Ich hatte mich schon so gefreut Und war so voll Pläsier. Nun soll ich doch nicht mit, denn heut Da heißt es: Fritz bleibt hier! Der Vater saß im Sorgensitz. Er sagte…
DER ALTE FÖRSTER PÜSTERICH, Der ging nach langer Pause Mal wieder auf den Schnepfenstrich Und brachte auch eine nach Hause. Als er sie nun gebraten hätt, Da tät ihn was verdreußen; Das Tierlein roch wie sonst so nett, Nur konnt er’s nicht recht mehr beißen. Ach ja! so seufzt er wehgemut Und wischt sich ab…
WENN ICH DEREINST GANZ ALT UND SCHWACH, Und ’s ist mal ein milder Sommertag, So hink ich wohl aus dem kleinen Haus Bis unter den Lindenbaum hinaus. Da setz ich mich denn im Sonnenschein Einsam und still auf die Bank von Stein, Denk an vergangene Zeiten zurücke Und schreibe mit meiner alten Krücke Und mit…
Es SASS EIN FUCHS IM WALDE TIEF. Da schrieb ihm der Bauer einen Brief: So und so, und er sollte nur kommen, ’s wär alles verziehn, was übelgenommen. Der Hahn, die Hühner und Gänse ließen Ihn alle zusammen auch vielmals grüßen. Und wann ihn denn erwarten sollte Sein guter, treuer Krischan Bolte. Drauf schrieb der…
SAHST DU DAS WUNDERBARE BILD VON BROUWER? Es zieht dich an wie ein Magnet. Du lächelst wohl, derweil ein Schreckensschauer Durch deine Wirbelsäule geht. Ein kühler Doktor öffnet einem Manne Die Schwäre hinten im Genick; Daneben steht ein Weib mit einer Kanne, Vertieft in dieses Mißgeschick. Ja, alter Freund, wir haben unsre Schwäre Meist hinten.…
ICH WEISS EIN MÄRCHEN HÜBSCH UND TIEF. Ein Hirtenknabe lag und schlief. Da sprang heraus aus seinem Mund Ein Mäuslein auf den Heidegrund. Das weiße Mäuslein lief sogleich Nach einem Pferdeschädel bleich, Der da schon manchen lieben Tag In Sonnenschein und Regen Iag. Husch! ist das kleine Mäuslein drin, Läuft hin und her und her…
MEIN KLEINSTER FEHLER IST DER NEID. ­- Aufrichtigkeit, Bescheidenheit, Dienstfertigkeit und Frömmigkeit, Obschon es herrlich schöne Gaben, Die gönn ich allen, die sie haben. Nur wenn ich sehe, daß der Schlechte Das kriegt, was ich gern selber möchte; Nur wenn ich leider in der Nähe So viele böse Menschen sehe, Und wenn ich dann so…
DU HAST DAS SCHÖNE PARADIES VERLASSEN, Tratst ein in dieses Labyrinthes Gassen, Verlockt von lieblich winkenden Gestalten, Die Schale dir und Kranz entgegenhalten; Und unaufhaltsam zieht’s dich weit und weiter. Wohl ist ein leises Ahnen dein Begleiter, Ein heimIich Graun, daß diese süßen Freuden Dich Schritt um Schritt von deiner Heimat scheiden, Daß Irren Sünde,…
GESTERN WAR IN MEINER MÜTZE Mir mal wieder was nicht recht; Die Natur schien mir nichts nütze Und der Mensch erbärmlich schlecht. Meine Ehgemahlin hab ich Ganz gehörig angeplärrt, Drauf aus purem Zorn begab ich Mich ins Symphoniekonzert. Doch auch dies war nicht so labend, Wie ich eigentlich gedacht, Weil man da den ganzen Abend…
ALS ER NOCH KRAUSE LOCKEN TRUG, War alles ihm zu dumm, Stolziert daher und trank und schlug Sich mit den Leuten herum. Die hübschen Weiber schienen ihm Ein recht beliebtes Spiel; An Seraphim und Cherubim Glaubt er nicht sonderlich viel. Jetzt glaubt er, was der Pater glaubt, Blickt nur noch niederwärts, Hat etwas Haar am…
ICH SASS VERGNÜGLICH BEI DEM WEIN Und schenkte eben wieder ein. Auf einmal fuhr mir in die Zeh Ein sonderbar pikantes Weh. Ich schob mein Glas sogleich beiseit Und hinkte in die Einsamkeit Und wußte, was ich nicht gewußt: Der Schmerz ist Herr und Sklavin ist die Lust. SEID MIR NUR NICHT GAR ZU TRAURIG,…
nach oben